Über Interpretationen nach der Landratswahl
Götz Ulrich gewinnt die absolute Mehrheit. Mitbewerber und deren Unterstützer schmollen. Statt Argumente gibt’s WählerInnenschelte und Polemik.
Manchmal ist es amüsant, gelegentlich erstaunlich, hin und wieder frustrierend wie Ergebnisse nach Wahlen interpretiert werden. Das ist in den öffentlichen Nachklapps zur Landratswahl im Burgenlandkreis nicht anders. Wenn der kandidierende Amtsinhaber den ersten Wahlgang mit 55,43 Prozent gewinnt ist das zunächst eines: ein klares Ergebnis.
Nun zeigen sich die einen enttäuscht, besonders vom Zeitzer Wahlergebnis. Hier holte Götz Ulrich 43,65 Prozent der Stimmen. Andere beklagen die mit etwa 37 Prozent geringe Wahlbeteiligung. Es habe der „Wille zum Wechsel“ gefehlt, wird kolportiert. Man kann das auch anders interpretieren: Wenn von allen UrnengängerInnen mehr als die Hälfte für den Amtsinhaber votiert, dann liegt die Vermutung nahe, auch ein Großteil derer, die der Urne fern blieben könnte gewollt haben, dass Götz Ulrich im Amt bleibt. Kann es sein, die Menschen sehen in ihm jemanden, der seinen Job gut macht? Ist es möglich, dass er mit offener Zugewandtheit und ausgleichender Sacharbeit, mit klaren Zielen und faktengestützten Argumentationen eine Mehrheit überzeugen konnte? Wiederholt zeigt sich auch, wie weit die Blasenwelt der viel zitierten Sozialen Medien vom tatsächlichen Leben entfernt ist.
„Fehlender Wille“ oder fehlender Grund?
Bei Wahlen braucht es zum Wechsel Personen, den Willen und gute Gründe. Fehlte es nun an Personen, am Willen oder gab es keine Gründe?
Was die MitbewerberInnen um den Landratsstuhl an eigenen Zielen und Konzepten darboten war dünn. Einige wussten das wohl selbst und schossen sich darauf ein, den Amtsinhaber fundamental anzugreifen, statt Aussagen zu treffen, was denn ihre Vision von einem künftigen Burgenlandkreis ist. Das geht so weit, den Amtsinhaber mit den Worten „ich hab da nicht die Ahnung von Wirtschaft, ich bin Jurist“, öffentlich und falsch zu zitieren. Randnotiz: Götz Ulrich ist Aufsichtsratsvorsitzender der Metropolregien Mitteldeutschland.
Was manch Mitbewerber an Eigenem einbrachte war bisweilen zwar amüsant, bot allerdings wenig Substanz, so etwas wie Wechselstimmung zu erzeugen. Eine sich am Beispiel der Millionenmetropole La Paz orientierende Seilbahn von der Innenstadt zum Bahnhof etwa. Statt eindeutige eigene Positionen zu vertreten wurde von „Chancen für den Neuanfang“ und „kein weiter so“ herum gesäuselt. Es schien wohl leichter, dem Amtsinhaber verschiedene Makel anzuhängen, als auf ernstzunehmende eigene Gedanken zu kommen. Selbst jetzt im Nachklapp zählen Wählerschelte und Unterstellung, nicht das Argument.
Auch der Versuch, die Vorgänge um das Zeitzer Klinikum und dessen Insolvenz im Jahr 2019 allein dem Landrat um den Hals zu hängen, misslang gründlich. Es ist offensichtlich, dass dem nicht einmal die ZeitzerInnen folgen wollten. Vielleicht hat ein Großteil von ihnen noch jenen 22. Oktober 2019 auf dem Altmarkt vor Augen. Unter Beifall von Tausenden erläuterte Ulrich das Konzept zum Erhalt von Geburtshilfe, Gynäkologie und Kinderklinik, das er fraktionsübergreifend einführte. Das gilt bis heute und trug wesentlich zum Erhalt des Klinikums und den Trägerwechsel zum SRH bei. Warum den ZeitzerInnen nun verübeln, dass Ihnen der Fortbestand des Klinikums mit seinen medizinischen Angeboten wichtiger ist, als eine Schuldzuweisung? Im Gegenteil, sie waren wachsam genug, zu folgen als es um die Existenz des Klinikums ging und klug genug zu durchschauen, wann die Vorgänge um ihr Klinikum für Wahlen instrumentalisiert werden.
„(K)ein weiter so?“ verschleiert: nicht der Wille, vor allem die Gründe zum Wechsel fehlten.
Manche im Frust vereinte Facebookfreunde werden zur Kenntnis nehmen müssen: Facebookumfragen und gepuschte Likes spiegeln nicht unbedingt das wahre Leben. Sie mögen dem Narziss über den Tag helfen, kurz danach sind sie vergessen. Was ein Landrat während seiner gesamten Amtszeit leistet, wie und welche Entscheidungen er traf, welche Positionen er auch in schwierigen Situationen einnimmt – das wird wahrgenommen und bleibt haften im Gedächtnis der Menschen. Manchmal wird das eben honoriert.